Alle Texte:
An das Herz
Anders gekommen
Auf dem Weg nach Tzschelln
Bäume
Der Wald im Kopf
Die Uferschenke
Ein und Alles
Es ist schön
Häng den Kopf ins Wasser
Havelnacht
Ich höre meine Füsse
Ich suche Trost im Wort
Im alten Gasthausgarten
Kino nach Tisch
Lied am Rand
Onkel Gunter
Romanze am Elsterflutbett
Rückkehr
Schluss gemacht
Trödelmarkt
Verfallender Bahnhof
Verregneter Sonntag
Verschwunden
Was ich habe
Wir sitzen in den Autos
Rüdiger Bartsch
Schluss gemacht
Text & Musik: Rüdiger Bartsch
Am nächsten Tag fand sie
in der Werbung einen Brief
erstaunt erkannte sie die Schrift auf dem Papier
sie öffnete sie las ihn
gleich im Hausflur an der Tür
der Schubert ging an ihr vorbei,
mit`m Eimer an der Hand
im Fahrstuhl stieß sie auf ihr Gesicht
aus Feuer und aus Stein
Was er ihr heute schreibt,
hat er sich lange überlegt
so viel will er ihr sagen,
doch die Worte fehlen ihm
sie dürfe ihn nicht missverstehen
weil er den Abstand braucht
die Zeit mit ihr war wie ein Traum
doch nun muss es weiter gehen
er meldet sich bei ihr
wenn er mit sich im Reinen ist
Später liest sie noch,
sie soll ihm nicht böse sein
dass er ihr leider schreibt,
was man besser sagen soll
von Angesicht zu Angesicht - mutig war er nie
zwar hätte er sich oft gesagt:
Heut` sag` ich`s ihr - egal!
aber dann war es so schön mit dir
ich konnte dich einfach nicht traurig sehen
Mit großen Schritten läuft sie
durch die Wohnung ohne Schuh`
sie kann nicht stehenbleiben,
die Stille tut ihr weh
der Schmerz tritt auf der Stelle
sie spürt was vorher war
das ist nun wieder da,
der alte Fluch weicht nicht von ihr
im Flur hängt noch der Schal den er
beim ersten Mal vergaß
Zwei Tage kann sie warten,
doch die Hoffnung quält sie so
sie ruft ihn über´s Handy an,
die Mailbox spricht mit ihr
nachts um zwei im Rausch
versucht sie es noch mal
doch jedesmal stellt er ihr
seine Mailbox in den Weg
auch vom Handy ihrer Freundin
hat sie bei ihm kein Glück
Was war an ihm Täuschung
und was war an ihm echt
was steht auf den Beinen
und was steht auf dem Kopf
sie gräbt und gräbt in ihrem Kopf,
sie sah ihn nie betrübt
als Schweigenden der reden will
und dann bekümmert bleibt
sie sieht nicht was sie glauben muss
sie glaubt nicht was sie sieht
Auf dem Weg nach Tzschelln
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Tom Waits "Cold Cold Ground"
In keinem Fenster brennt abends Licht
In den Scheiben siehst du nur dein Gesicht
Kein Hund wird mehr in die Stille bellen
Alle Türen stehen offen
Auf dem Weg nach Tzschelln
Das Obst in den Gärten wird nicht gepflückt
Die Pflaumen im Gras - keiner da der sich bückt
Es gibt keinen mehr um ein Feld zu bestellen
Ein Seil schwingt im Wind
Auf dem Weg nach Tzschelln
Im Dorfkrug im Saal liegt der Vorhang im Dreck
Im Stuck an der Decke wächst ein Schimmelfleck
Das Parkett ist voll mit zerfetztem Papier
Kästen mit leeren Flaschen
In diesem Haus blieb ein Stuhl zurück
Im Keller des nächsten überwintert das Glück
Das Glas mit Bohnen wird auf Fliesen zerschellen
Wenn die Bagger angreifen
Auf dem Weg nach Tzschelln
Das letzte Dorffest war vor fünf Jahren
schon viele kamen aus der Stadt angefahren
Sie saßen befangen bei Bratwurst und Kuchen
Und gingen später ihr altes Haus suchen
Sie fanden es nicht
Auf dem Weg nach Tzschelln
Mit`m Hänger kannst du hier Steine holen
Diesem Dach fehl`n die Ziegel, überall gibt`s noch Kohlen
Zum Spaß kannst du auch `n paar Bäume fällen
Zerschmeiß alle Scheiben
Auf dem Weg nach Tzschelln
Auf dem Weg nach Tzschelln
Auf dem Weg nach Tzschelln
Rückkehr
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Townes van Zandt "Mother The Mountain"
Du fährst mit dem Zug wieder durch Kiefernwälder
zwischen Bäumen blitzt Licht
in das Rauschen der Fahrt
Zwischen Dörfern steht Mais
braun vertrocknet wie Tabak
bloße Erde ein Feld von Rädern zerwühlt
Und Bahnhöfe stürzen in den Rücken der Nacht
Hinter Glas zwischen Schlusslicht
im Ende des Zuges
schießt das Gleis freigelegt
auf den Schwellen zurück
Du gehst durch den Gang aus leeren Abteilen
in den Sitzen sitzt Polster
jedes Polster ein Sitz
Du setzt dich dort hin
wo die Tasche noch steht
in dem Fluss schwimmt die Sonne
wie flüssiges Blei
Kein Weg wirre Trauer keine Frage entzündet
im Trüben fischst du in dem was da war
Jeder Gang führt dich immer in einen Filmriss
ein Stein wächst dir groß in die Wölbung der Stirn
Du fasst dir ins Haar es ist trocken und weich
der Stoff deiner Hosen hat Falten am Knie
Was dir bleibt sind die die du wortlos verlassen
trat dir einer ins Garn
schoss dein Herz dich in Angst
Kein Baum entreißt sich dem Griff seiner Wurzeln
hielt dich einer mal fest mit Augen und Arm
Wenn es einen nur gab
so warst du es selbst
wenn du Fuß fasst
wirst du die Deckung verlieren
Du fährst mit dem Zug wieder durch Kiefernwälder
zwischen Bäumen blitzt Licht
in das Rauschen der Fahrt
Zwischen Dörfern steht Mais
braun vertrocknet wie Tabak
bloße Erde ein Feld von Rädern zerwühlt
Und Bahnhöfe stürzen in den Rücken der Nacht
Ein und Alles
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Bahamut, Wade Schuman
Ihr ein und alles das ist ihr Hund
sonst wär` ihr alles schon längst einerlei
in ihrem Bett blieb die Welt außer Haus
nur so ein Licht das den Vorhang aufhellt
Wenn seine Schnauze früh auf der Decke liegt
verfliegen schnell alle dummen Gedanken
sie kann sich nicht noch mal auf die Seite drehen
er drängt sie schwanzwedelnd aus dem Bett
Ihr graust es vor den kalten Hosenbeinen
sie greift nach dem Schlüsselbund
ihr Hund staunt sie dabei wie ein Wunder an
sie hätte fast sein Halsband vergessen
Ihr ein und alles das ist ihr Hund
sonst wär` ihr alles schon längst einerlei
in ihrem Bett blieb die Welt außer Haus
nur so ein Licht das den Vorhang aufhellt
Sie hört den Zug der durch die Böschung saust
zwei Kinder scheuchen ein paar Krähen auf
im Park schießt er von ihr wie abgeschossen los
und gräbt die Erde wütend aus der Wiese aus
Was sie nicht will, weiß sie fast zu genau
doch was sie machen könnte, weiß sie nicht
ein Bäcker wollte sie letztes Jahr einstell`n
doch sie vertrug den Mehlstaub nicht
Ihr ein und alles das ist ihr Hund
sonst wär` ihr alles schon längst einerlei
in ihrem Bett blieb die Welt außer Haus
nur so ein Licht das den Vorhang aufhellt
Am Freitag geht sie hier zum China-Imbiss
sie holt sich Pekingente oder Huhn
lieber würde sie in die Stadt reinfahren
unter Leuten bleiben bis man sie anspricht
Sie sieht den Stand mit Anziehsachen
bei Wind und Wetter wird dort ausgepackt
in den Bananenkisten stecken Socken
ein rotes Badetuch flattert im Wind
Ihr ein und alles das ist ihr Hund
sonst wär` ihr alles schon längst einerlei
in ihrem Bett blieb die Welt außer Haus
nur so ein Licht das den Vorhang aufhellt
Verfallender Bahnhof
Text & Musik: Rüdiger Bartsch
In den Fenstern stecken Steine
auf den Gleisen schießt das Kraut
die Fugen in der Pflasterung:
ein Netz aus Moos und Gras
der Bahnsteig treibt ins Niemandsland
in den Wald der dort aufgeht
Graffitis blitzen zackig auf
der Länge nach auf einem Schlot
jeder Zug rauscht hier vorbei
Kein Mensch muß hier mehr warten
kein Zug verspätet sich
keiner nimmt dir deine Taschen ab
kein Taschentuch geht in die Luft
die Säulen steh`n wie eh und je
Akanthosblätter rosten aus
dem Eisenguß der Gründerzeit
ein Flattern fährt ins Schattenlicht
der Schatten blättert und wird Licht
jeder Zug rauscht hier vorbei
im Dunkeln harrt der Wartesaal
wie wenn du still die Nacht durchwachst
hinter Schloß und Riegel stockt der Staub
durch Ritzen sticht das Licht
der Fahrplan hinter Glas verschwimmt
was Ankunft und was Abfahrt war
das blinkt, das schimmert und taucht ab
das scheue Feuer eines Schwarms
vor jedem Schalter stehen sie auf
jeder Zug rauscht hier vorbei
Wir sitzen in den Autos
Text & Musik: Rüdiger Bartsch
Wir sitzen in den Autos
und schau`n uns alles an
was wir sagen könnten
das sagten wir bereits
hinter hundert roten Ampeln
wir sitzen in den Autos
die Scheiben bleiben oben
du fragst nach der Musik
Hinterm Marktplatz Gras und Sträucher
als ob hier schon Steppe wär
erst riß man das Kaufhaus ab
ein Jahr drauf die Brauerei
und davor die hübschen Häuser
was vom Stolz der Bürger blieb
für ihr Alter sehn sie komisch aus
ein bisschen viel zu neu
Wir sitzen in den Autos ...
An der Ecke kurz vorm Lidl
warf der dritte Fleischer hin
es gibt hier fast kein Geschäft
das fünf Jahre übersteht
beim Döner stehn die Säufer
die Alten ziehn vorbei
mit`m Gehwagen ins Heim zurück
ein prächtiges Palais
Wir sitzen in den Autos ...
Am Rand der Stadt ist Wüste
der Wald ist abgeholzt
die alte Straße reißt hier ab
die neue biegt nach links
in der Nacht kannst du sie hören
die Straßen sind ganz Ohr
Bagger in der Grube
hör`n sich an wie Panzerlärm
Wir sitzen in den Autos …
Verschwunden
Eine Erinnerung
Das heillose Entsetzen im Gesicht eines Freundes, als er, während wir in einer Runde ausgelassen zusammensaßen, auf einmal – im hitzigen Hin- und Her von Rede und Widerrede – , nichts deutete daraufhin, mit dem Stuhl zusammenbrach. Im Erschrecken starrte ich gebannt auf sein Gesicht. Dieses Gesicht im Sturz, im vorübergehenden Fall ins Bodenlose, habe ich nicht vergessen. Es hat mir einen Schrecken eingejagt – ein Echo, das nicht aufhört.
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: How`s It Gonna End, Tom Waits
Sein Bruder war der Erste
vor seiner Tür
er klingelte doch
keiner machte auf
keine Nachricht kein Zettel
alle Sachen noch im Schrank
im Kühlschrank sah`s so aus
als hätt`er grade eingekauft
auf dem Tisch die Tasse Kaffee
das Brot ein blauer Pelz
von Asche war
der Teppich grau meliert
Keiner weiß wie es einmal ausgeht
wo das Leben dich noch hinführt
und das Polster aus dem Stuhl fällt
Das Bett grau und zerwühlt
das T-Shirt auf dem Laken
schwarze Fahne fetzenhaft und starr
der Nachtschrank lag voll
die Schublade war leer
ein Haufen aus herausgewühltem Zeug
erschrocken sah er Licht
der Recorder war noch an
das Display schimmerte gasblau
Keiner weiß wie es einmal ausgeht
wo das Leben dich noch hinführt
und das Polster aus dem Stuhl fällt
Trödelmarkt
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Tom Waits "Soldier`s Things"
Tafelsilber und ein Vertiko
ein Kinderüberraschungszoo
das Hirschgeweih und das Morgenrot in Öl
Röhrenradio, Wanderstock
ein schleierhafter Unterrock
in der Schachtel die Orden der Helden von einst
Deutsch-Togo verteidigt -
keiner weiß was du meinst:
wie schwer war das Blech,
das die Hand spielend hält?
und das war unterm Kaiser
und das war vor der Mauer
und diese Sammeltasse schenk` ich dir
Lüster die im Winde klirrn
ein krähenschwarzer Regenschirm
und dort die Gardine hat Spitze am Saum
Kindersitz und Einweckgläser
Geigenkoffer, Fleckenlöser
das Glas hier hat Blasen, der Teller `nen Sprung
die Bücher: stockfleckig -
wertlos der ganze Schwung
nur Stalin gebunden kostet 100 eu`s
und das war unterm Kaiser
und das war vor der Mauer
und diese Sammeltasse schenk` ich dir
Anders gekommen
Musik & Text: Rüdiger Bartsch
Wo ich dich traf steht jetzt nichts mehr
durch keine Durchfahrt drückt der Wind
der Bagger fuhr gegen das Haus
die Blöcke knickten wie aus Pappe weg
Die Straßen wurden abgebaut
im Stadtplan gibt es sie noch immer
an ihrer Stelle wächst der Sand sich aus
zu Kiefern, Birken und Holunder
In deiner Küche über`m Tisch
das Poster an der Wand
elf Männer sitzen über
den Straßen von New York
Sie sitzen so als sei das nichts
die Füße baumeln über`m Tod
du zeigtest mir die Fotos von Paris
In dieser Stadt wolltest du wieder
nach deinen Reisen sesshaft werden
dein Vater bot dir Arbeit an
als Juniorchef in seiner Firma
Er hat dir sein` VW geschenkt
zu Fuß besuchst du sie am Sonntag
die Mutter macht die Klöße selbst
sie hofft, es wird nochmal wie damals
In deiner Küche über`m Tisch
das Poster an der Wand
elf Männer sitzen über
den Straßen von New York
Sie sitzen so als sei das nichts
die Füße baumeln über`m Tod
du zeigtest mir die Fotos von Dakar
Du hast dann doch noch umgeschult
und wurdest Ergotherapeut
du lebst jetzt irgendwo in Hessen
hilfst Abgestürzten auf die Beine
Du nimmst dir Zeit für Frau und Kinder
von deinen Eltern weißt du nichts
spätabends tauchst du ab in deine Werkstatt
am Sonntag fahrt ihr weg aufs Land
In deiner Küche über`m Tisch
das Poster an der Wand
elf Männer sitzen über
den Straßen von New York
Sie sitzen so als sei das nichts
die Füße baumeln über`m Tod
du zeigtest mir die Fotos von Shanghai
Wo ich dich traf steht jetzt nichts mehr
durch keine Durchfahrt drückt der Wind
der Bagger fuhr gegen den Block
die Wände knickten wie aus Pappe ein
Die Straßen wurden abgebaut
im Stadtplan liegen sie noch immer
an ihrer Stelle wächst der Sand sich aus
zu Kiefern, Birken und Holunder
Der Wald im Kopf
Musik & Text: Rüdiger Bartsch
Die Stadt löst sich in Gärten auf
der Weg läuft gelb unter Kiefern fort
in den Wipfeln rauscht und klirrt es leise
auf einmal hellt der Wald sich auf
zwischen Bäumen bleiben die Bäume aus
statt Heidekraut und Heidelbeeren
stehst du vor einem Nichts aus Sand
Ich sehe was, was du nicht siehst
ich seh den Wald von einst
du siehst den Himmel weit und breit
auf nichts als Sand gestellt
der Wald im Kopf will weitergehen
der Himmel stößt mich vor den Kopf
was einst hier stand, kann nicht vergehen
der Wald in mir weiß nicht wohin
Im Vorfeld steigt das Wasser auf
durch Rohre strömt es und läuft Überland
im Niemandsland zischt ein Ventil
der Bagger liegt auf trockenem Grund
so weit entfernt und doch unter dir
dieses riesengroße Eisentier
gräbt die lange Nacht der Vorzeit aus
Ich sehe was, was du nicht siehst …
Häng den Kopf ins Wasser
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Tom Waits "Hang Down Your Head"
Vor dem Bett die Schuhe
auf dem Stuhl das Hemd
meine Hände fühlen nicht
was sie voneinander trennt
Teile Glut und Feuer
reiß mich ganz entzwei
eingehakt dich stehen sehen
sein Blick macht dir das Lachen schön
Häng den Kopf ins Wasser
steck ihn in den Sand
lass dein Herz verbluten
schrei dir den Himmel blank
Still, hör auf den Regen
die Straße trägt dich noch
in der Bahn am Fenster
ins Grau brennt dir das Herz ein Loch
Häng den Kopf ins Wasser
steck ihn in den Sand
lass dein Herz verbluten
schrei dir den Himmel blank
Onkel Gunter
Text: Rüdiger Bartsch
Musik: Tom Waits "Cemetary Polka"
Onkel Gunter Onkel Gunter
war ein großes Tier im Farbglaswerk
immer Lunikoff im Aktenschrank
seine Hand suchte sich dann ein Weib
Onkel Wolfgang und Onkel Heinrich
waren Maurer bei der LPG
nach der Arbeit gings zum Pfuschen
denn sie kriegten ihren Hals nicht voll
Tanta Karla roch beständig gut
sie verkaufte ja im Intershop
jede Frau war scharf auf ihren Platz
auf die Seife und die Zahnpasta
Onkel Siegfried wollte was verändern
und hat sich gedacht: Dann muss ich rein!
- wurde Mitglied in der SED
und so wurde es um ihn ganz still
Onkel Heiner war Mathelehrer
er war später dann im Tagebau
aus dem Witz den er erzählte
drehte einer ihm`nen dicken Strick
Onkel Manfred ging in den Wald
wo im Wasser tote Bäume stehen
Pilzesuchen dabei stürzt er
auf dem Sand in einen Alten Mann
Onkel Ludwig hat gestottert
dafür blieb er mutterseelenallein
mit den Jahren ist er abgetaucht
im grünen Wasser eines Flaschenwalds
Jeden Sommer hat Tante Gerda
vierzig Gläser Erdbeeren eingeweckt
für den Ernstfall, wie sie stets betonte
- aus dem Krieg kehrte sie nie zurück
Wen du noch in diesem Nest gekannt
Stein für Stein kommen sie hier ans Licht
Aus der Heide steigt die Stadt von einst
Zwischen Tagebau und Schießgebiet
Romanze am Elsterflutbett
Musik: Wassili Solojow-Sedoi "Podmoskovnye Vechera"
Text erste und letzte Strophe: Siegfried Osten)
Wenn es Abend wird in der großen Stadt
und die ersten Lichter erglühn.
Ja, dann denke ich noch so oft daran
wie es einst mit uns zweien begann.
Im Stötteritzer Wäldchen vor zwanzig Jahren,
du trugst einen Hut aus rotem Filz -
und ich steckte dir ein paar Astern unters Band,
spöttisch lächelnd sahst du mich an.
Täglich trafen wir uns am Elsterflutbett,
manchmal warst du garstig, manchmal nett
doch meist gingen wir schweigend am Fluß entlang
- hörten einmal einen Mann der russisch sang.
Kräne steigen aus den Dächern der Stadt
Aus Lücken werden Häuser groß und glatt.
Und was gestern noch Schutt und Wildnis war
wird verschwunden sein im nächsten Jahr
Vor zwei Jahren im Juli bei Peters Fest,
du warst da und ziemlich gestresst.
Du hast viel erzählt, viel von dir erzählt;
wir haben uns gesucht und doch verfehlt.
Kürzlich sahen wir uns in der Straßenbahn,
zusammen sind wir bis zum Kreuz gefahren.
Als die Tür aufging, hast du mich gefragt,
ob das damals was ernstes war.
Wenn es Abend wird in der großen Stadt
und die ersten Lichter erglühn.
Ja, dann denke ich noch so oft daran
wie es einst mit uns zweien begann.
Alle Texte: An das Herz // Anders gekommen // Auf dem Weg nach Tzschelln // Bäume // Der Wald im Kopf // Die Uferschenke // Ein und Alles // Es ist schön // Häng den Kopf ins Wasser // Havelnacht // Ich höre meine Füsse // Ich suche Trost im Wort // Im alten Gasthausgarten // Kino nach Tisch // Lied am Rand // Onkel Gunter // Romanze am Elsterflutbett // Rückkehr // Schluss gemacht // Trödelmarkt // Verfallender Bahnhof // Verregneter Sonntag // Verschwunden // Was ich habe // Wir sitzen in den Autos